Widerrufsrecht bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln
Der Kauf von rezeptpflichtigen Arzneimitteln – insbesondere medizinischem Cannabis – unterliegt strengen gesetzlichen Bestimmungen. Viele Patientinnen und Patienten fragen sich, ob ein Online-Widerruf möglich ist, wenn das Medikament doch nicht benötigt wird.
Die klare Antwort: Nein, ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht in diesen Fällen nicht.
Warum das so ist und welche gesetzlichen Regelungen dahinterstehen, erklären wir Ihnen in diesem Beitrag. Gerade bei sensiblen Arzneimitteln wie medizinischem Cannabis ist das Wissen über diese rechtliche Lage essenziell – sowohl für Ihre eigene Sicherheit als auch für den allgemeinen Gesundheitsschutz.
Warum ist ein Widerrufsrecht bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln ausgeschlossen?
Rezeptpflichtige Medikamente, darunter medizinisches Cannabis, sind keine gewöhnlichen Handelswaren. Sie unterliegen strengen rechtlichen Rahmenbedingungen, welche eine Rückgabe oder Erstattung nach der Bestellung ausschließen – unabhängig davon, ob Sie das Produkt bereits verwendet haben oder nicht.
Auch wenn medizinisches Cannabis zunehmend verbreitet und in vielen Therapien eingesetzt wird – rechtlich bleibt es ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Nach Eingang Ihres Rezepts wird das Medikament individuell für Sie bestellt, geprüft und versendet. Eine Rückgabe ist danach ausgeschlossen.
Rechtliche Grundlage:
Laut § 312g Absatz 2 Nr. 2 BGB besteht für bestimmte Waren kein Widerrufsrecht – insbesondere wenn es sich um:
- Waren handelt, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
- oder um versiegelte Produkte, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung entfernt wurde.
Neben dem Ausschluss gemäß § 312g BGB spielen auch apothekenrechtliche Vorschriften eine entscheidende Rolle.
ApBetrO § 17 – Keine Rückgabe aus Sicherheitsgründen
Zusätzlich zur zivilrechtlichen Regelung nach BGB gilt auch das Apothekenrecht: Laut § 17 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) dürfen Arzneimittel nur dann erneut abgegeben werden, wenn ihre Qualität zweifelsfrei gewährleistet ist.
„Arzneimittel dürfen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn ihre Qualität nicht beeinträchtigt ist.“ (§ 17 Abs. 1a ApBetrO)
Mit dem Verlassen der Apothekenbetriebsräume können wir als Apotheke diese Qualität jedoch nicht mehr garantieren, beispielsweise aufgrund falscher Lagerung (Temperatur, Licht, Luftfeuchtigkeit).
Eine Rücknahme ist deshalb ausgeschlossen, auch bei ungeöffneten Packungen. Diese praxisorientierte Vorschrift dient dem Schutz aller Patient:innen und ist im pharmazeutischen Alltag nicht verhandelbar.
Lagerungssicherheit nicht mehr gewährleistet (ApBetrO)
Nach dem Versand kann niemand mehr garantieren, ob die Lagerbedingungen (z. B. Temperatur, Luftfeuchtigkeit) eingehalten wurden. Gerade bei pflanzlichen Substanzen wie Cannabisblüten ist dies besonders sensibel – sie können bei falscher Lagerung Schimmel, Austrocknung oder Wirkstoffverlust aufweisen.
Auch wenn medizinisches Cannabis nicht weiterverarbeitet, sondern als Blüte abgegeben wird, ist ein Widerruf nicht möglich, da es sich weiterhin um ein rezeptpflichtiges Arzneimittel handelt, das unter § 312g BGB und die ApBetrO fällt.
Individuelle Rezepturen
Wird das medizinische Cannabis als Rezeptur – etwa als Öl oder Kapsel – in einer Apotheke speziell für Sie angefertigt, liegt sogar ein weiterer Ausschlussgrund für das Widerrufsrecht vor. Gemäß § 312g Absatz 2 Nr. 1 BGB sind solche „nach Kundenspezifikation angefertigten Waren“ von der Rückgabe ausgenommen. Der Grund: Sie sind eindeutig auf Ihre persönlichen Bedürfnisse abgestimmt.
Widerruf ist nicht gleich Retoure
Viele verwechseln das gesetzlich geregelte Widerrufsrecht mit einer freiwilligen Rücknahme bei Fehlern. Eine Rücknahme ist ausschließlich in einem gesetzlich zulässigen Ausnahmefall möglich – nämlich dann, wenn ein nachweisbarer Fehler seitens der Apotheke vorliegt.
1. Falschlieferung
Wenn versehentlich eine falsche Sorte, Wirkstoffstärke oder Packungsgröße versendet wurde, gilt:
- Die Ware muss ungeöffnet und unbenutzt sein.
- Wir übernehmen selbstverständlich die Kosten für die Rücksendung.
- Eine Dokumentation (z. B. Lieferschein, Foto) ist erforderlich.
2. Produktmängel oder Transportschäden
Sollte das Produkt bei Lieferung beschädigt oder mangelhaft sein:
- Melden Sie den Schaden sofort nach Erhalt.
- Fügen Sie idealerweise Fotodokumentation hinzu.
Wenn Sie glauben, eine falsche oder beschädigte Lieferung erhalten zu haben, kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir prüfen Ihren Fall individuell und diskret und kümmern uns um eine Lösung.
Welche Produktmängel können bei Cannabisblüten eine Rückgabe rechtfertigen?
Auch wenn medizinisches Cannabis grundsätzlich vom Widerruf ausgeschlossen ist, gibt es wenige Ausnahmesituationen, in denen eine Rückgabe möglich ist – nämlich bei nachweisbaren Produktmängeln oder Transportschäden. Diese Mängel müssen objektiv erkennbar sein und dürfen nicht durch unsachgemäße Lagerung oder Anwendung seitens des Kunden entstanden sein.
Dies sind typische Mängel, die bei medizinischem Cannabis auftreten können:
- Verunreinigungen oder Fremdkörper
- Beschädigte oder geöffnete Verpackung
- Sichtbarer Schimmel oder Verfärbungen (weiß, grünlich, pelzig)
- Muffiger, fauliger oder chemischer Geruch
Sollten Sie einen Produktmangel vermuten, machen Sie Fotos der auffälligen Stellen und melden Sie sich umgehend bei unserem Apothekenteam.